Mammuts sind bekanntlich ausgestorben. Nicht aber die sprichwörtliche Mammutaufgabe. Während die Natur das Mammut vor rund 4.000 Jahren aufgegeben hat, haben sich Mammutaufgaben bis heute gehalten. So lebt das Mammut als Synonym fort.
Ein Buch schreiben ist beispielsweise eine Mammutaufgabe. Ich weiß, wovon ich rede.
Es ist eine besonders große Herausforderung. Auch für einen professionellen Schreiber.
Mammuts waren dicke Brocken, schwer, unübersichtlich, unberechenbar. Ein Mammut zu erlegen, war für die Jäger der Vorzeit das Größte. Der Mann, der ein Mammut tötete, galt als großer Jäger. Die Größe der Kreatur übertrug sich auf den Menschen.
Ein Buch schreiben ist eine große Aufgabe, eine sehr große. Verglichen mit der Mammutjagd setzt man dabei aber selten Leib und Leben aufs Spiel. Aber wer weiß das schon, hängt vom Stoff ab. Ist der Stoff gefährlich, kann auch das Schreiben und Veröffentlichen eines Buches riskant sein. Bekanntes Beispiel ist das Buch von Roberto Saviano. Unter dem Titel »Gomorrah« erschien 2006 sein Tatsachenroman über die Mafia. Seitdem lebt er in der ständigen Gefahr, selbst ein Opfer der Mafia zu werden. Er muss sich vor ihr verstecken. Permanent auf der Flucht, lebt er mit Familie an geheimen Orten, Tag und Nacht unter Polizeischutz. Er selbst sagt, das Buch habe sein Leben zerstört. Roberto Saviano hat einen Bestseller geschrieben. Er hat dafür einen hohen Preis gezahlt. Aber auch wenn Sie das Gefahrenpotenzial, das von einem Stoff ausgehen kann, einfach umgehen und ein Buch über die Cammorra verwerfen, ein Buch bleibt eine Mammutaufgabe.
Nehmen wir folgendes Beispiel: Die Beraterbranche. Die Berufsbezeichnung »Berater« ist bekanntlich nicht geschützt und das Feld, das sie beackern, entsprechend weit. Eines haben aber alle gemeinsam: Berater weisen anderen den Weg zum Erfolg, weil sie selbst zu wissen glauben, wo es lang geht. Consultants, Coaches, Organisationsentwickler, Trainer – sie alles sind Berater. Ihr Wissen vermitteln sie in der Regel in Vorträgen, Seminaren, Workshops. Wie gesagt: In der Regel. Die Ausnahme, heißt seit geraumer Zeit Buch. Eine Ausnahme, die sich inzwischen in der Beraterszene immer größerer Beliebtheit erfreut. Es hat sich herumgesprochen, dass das Buch dem Berater vortrefflich als Marketing-Instrument dienen kann. Das Buch hilft dem Berater, seine Person gezielter zu vermarkten, ihn wertvoller zu machen, seinen Marktwert zu steigern – ganz banal seinen Stundenlohn zu erhöhen. Denn das Berater-Buch lockt Erfolgssuchende in seine Vorträge. Mehr Erfolgssuchende, mehr Vorträge, die sich auch noch teurer verkaufen lassen.
Ein Berater (bisher ohne Buch), der Kollegen mit Buch beobachtet, fasst leichten Sinnes den Plan, selbst ein Buch zu schreiben, weil es doch so leicht klingt: „Ich werde demnächst mein Beraterwissen einfach mal in einem Buch verdichten und es dann herausbringen.“ Und seine Gedanken fliegen weiter in eine erfolgreiche Zukunft als Autor: „Und wenn es mein Buch dann sogar auf die Bestsellerliste von Spiegel, Focus oder Wirtschaftswoche geschafft hat, dann… ja, dann…“
Leider ist der Weg bis zum Buch sehr weit, sehr steinig und voller Fallen. Und wer keine Ahnung vom Schreiben hat, vom Buchmarkt, von der Verlagssuche, vom Zeitaufwand und damit den Kosten, die mit der Buchrealisierung einhergehen, der bleibt auf der Strecke. Brutal, aber so ist das. Um beim Mammut zu bleiben: Er – respektive sie – ist der Mammutaufgabe einfach nicht gewachsen. Aber sollen Frau Beraterin oder Herr Berater ihr Projekt »Buch« deshalb gleich begraben und auf einen lukrativen Karriere-Turbo verzichten? Natürlich nicht. Berater, die sich mit der Absicht tragen, ein Buch zu veröffentlichen, auf dem ihr Name steht, brauchen einen Profi, der ihnen den Weg zur erfolgreichen Buchpublizierung weist. Der Berater muss sich beraten lassen. Ob ihm die Rolle nun gefällt oder nicht.
Profis, die Bücher im Auftrag schreiben, heißen Ghostwriter. Was leistet der Ghostwriter, was der Berater nicht kann? Der Ghostwriter – ich sage lieber Auftragsschreiber – besitzt die Fähigkeit, ein Thema mithilfe »geschliffener« Sprache so zu zuspitzen, dass für den Berater das Eindringen in einen lukrativen Lesermarkt möglich wird. Das ist die Hauptaufgabe des Ghostwriters. Zuvor entwickelt er ein Grobkonzept, eine Struktur (Inhaltsangabe/Kapitel), verfasst ein Exposé und schreibt ein oder zwei Musterkapitel. Damit macht er sich auf die Verlagssuche, die oft viele Monate dauern kann. Da hilft es natürlich, wenn der Auftragsschreiber viele gute Kontakte zu vielen guten Verlagen hat. (Das können Sie bei mir voraussetzen). Einen Verlag zu finden, der genau dieses Konzept kauft und damit beabsichtigt, aus dem Manuskript ein Buch zu machen, von dem er sich wirtschaftlichen Erfolg verspricht, ist sehr schwierig, verglichen etwa mit dem Versuch, heutzutage noch ein lebendes Mammut zu finden.
Hat sich der Verlag dennoch gefunden, kann die eigentliche Schreibarbeit beginnen. Diese Arbeit kann sich über acht, zehn, zwölf oder mehr Monate hinziehen. Die Nettoschaffenszeit, die man für ein Buch von etwa 200 Seiten kalkulieren muss, beträgt rund vier bis fünf Monate. Für diese Monate braucht der Schreiber einen langen Atem und ein Honorar. Einen langen Atem hat er, ein Honorar bekommt er vom Berater, der sich wohlweißlich für den Einsatz eines Auftragsschreibers entschieden hat und selbigen beauftragt.
Ein Sachbuch, mit dem sich der Berater letztendlich lukrative Aufträge verschaffen will, kostet bei einem professionellen Ghostwriter etwa so viel, wie vier- bis fünf Monatshonorare eines etablierten Beraters, also 30 bis 35TEU. Berater unterschätzen mitunter auch dies. Das Geld sollte daher so angelegt sein, dass es Aussicht auf Rendite hat. Ich würde zu einer konservativen Anlage raten: Überschaubares Risiko bei realistischer Ertragsaussicht. Das heißt: Vor der Jagd nach dem Bucherfolg, muss der Buchmarkt sehr genau auf realistische Erfolgsaussichten untersucht werden. Welche Titel mit sehr ähnlichem oder vergleichbarem Ansatz sind schon auf dem Markt? Ein zehntes Buch über Zeitmanagement braucht kein Mensch mehr.
Weiter: Wer vorhat, dass Manuskript zunächst komplett schreiben zu lassen und danach erst nach einem passenden Verlag suchen lassen will, der ist ein Kamikaze. Von der Kamikaze-Strategie rate ich ab. (Kamikaze kennen Sie… das sind jene Piloten, die sich mit ihren Maschinen blind vor Vaterlandtreue in ihr Unglück gestürzt haben.) Meine Beratung an dieser Stelle lautet (siehe oben): Nicht alles, sondern nur so viel einsetzen, wie es braucht, um damit bei einem Verlag punktgenau landen zu können. Findet sich dann doch kein Verlag, ist das Risiko begrenzt und damit überschaubar geblieben. (Wer dennoch die Kamikaze-Strategie vorzieht, überlässt sich wachen Auges seinem Schicksal.) Darum noch mal: Bitte, nicht blauäugig herangehen, sondern mit geschärftem Blick.
Bei allen Bemühungen, das finanzielle Risiko möglichst niedrig zu halten, kommt man nicht umhin, mit persönlichem Einsatz in das Buchprojekt einzusteigen. Will sagen: Mit sehr viel Energie, Ausdauer, Motivation, ja auch mit Ehrgeiz, Mut und einem unerschütterlichen Glauben an den Erfolg. Die Investition kann sich dann auszahlen, der Erfolg dann einstellen, wenn all diese Faktoren zusammenspielen. Aber damit kennen sich echte Beratertypen ja immerhin aus.
Muss ich noch erwähnen, dass es gerade deshalb angeraten ist, diese Mammutaufgabe einem Experten zu übertragen?
Ihr Ghostwriter
Der Blog zum Buch